Helle, Horst Jürgen

* 19. 7. 1934 (Hamburg), Studium, zunächst der Betriebswirtschaftslehre in Hamburg (Dipl.-Kfm. 1956), Rotterdam und Lawrence, Kansas (M.B.A. 1957), dann der Soziologie in Hamburg bei H. Schelsky (Dr. phil. 1959), daneben der Anglistik und der Psychologie. Fast dreijährige Berufstätigkeit als Industriekaufmann. Forschungsstipendium: ein Jahr Univ. of Chicago, Habil. für Soziologie 1967 in Hamburg, 1969 o. Prof. für Soziologie: RWTH Aachen, 1972 Wien, 1973 München.

H. vertritt als Theoretiker die Verstehende Soziologie, insbesondere die Symboltheorie. Seine empirischen Arbeitsgebiete in Lehre und Forschung sind: Familie, Religion und Wirtschaft/Technik. Die Hafenarbeiterstudie (1960) beruht auf Daten aus teilnehmender Beobachtung in Antwerpen, Bremen, Bremerhaven, Hamburg und Rotterdam, die mit der Bühnenmetapher interpretiert werden. Ende 1961 wird H. in Hamburg Assistent bei dem Phänomenologen und Industrie- und Betriebssoziologen Heinz Kluth und vertieft den Kontakt zu Siegfried Landshut, bei dem er studiert hatte. Das Erlebnis theoretischer Defizite bei einer empirischen Auftragsstudie über die Kleingärtner führt ihn zur Symboltheorie und als Stipendiat nach Chicago (1966). Seitdem bearbeitet er die Beziehungen des Symbolic Interactionism zur Verstehenden Soziologie und die Geschichte der Soziologie mit Schwerpunkten bei Georg Simmel und Max Weber. In der Familiensoziologie geht er von Interaktionstypen auf der Mikroebene aus und entwickelt mit historischen und ethnologischen Daten über Verwandtschaft (Mythen und Dogmen) im Grenzgebiet zur Religionssoziologie die These vom Antagonismus alternativer Familienkulturen, die in Indu­striegesellschaften koexistieren.

Werke: I. Bücher: Die unstetig beschäftigten Hafenarbeiter in den nordwesteuropäischen Häfen. 1960. - Familie - Zwischen Bibel und Kinsey-Report (Texte und Thesen. Bd. 46), 1974. - Verstehende Soziologie und Theorie der Symbolischen Interaktion, 1977. - Soziologie und Symbol. Verstehende Theorie der Werte in Kultur und Gesellschaft, 2 1980. - (Hg.): Kultur und Institution, 1982. - II. Aufsätze (seit 1981): Stufen der Kultur und des Staates bei Max Weber und Elman Service in: Demokratie in Anfechtung und Bewährung, Festschrift für Johannes Broermann, hg. v. J. Listl u. H. Schambeck, 1982. - Chancen und Mängel in der Rezeption Max Webers, in: Kultur und Institution, hg. v. Horst Jürgen Helle, 1982. - Max Weber e le science sociali dell'eta' contemporanea. Un panorama del significato e dell'applicazione del suo pensiero nella sociologia. in: Fenomenologia e Societa' (Milano). Anno V, 1982. - Technology Assessment - Ein Instrument der Technologiepolitik, in: Zeitschrift für Politik, 28. Jg. (1981). - Technik-Bewertung ohne gesellschaftlichen Grundkonsens?, in: Technik als Fassade der Demokratie? Hg. v. d. Stiftung für Kommunikationsforschung im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, Bonn 1981. - Soziokulturelle Bedingtheit der Eheformen - ihre Bedeutung für die Familientypen. in: V. Eid u. L. Vaskovics (Hg.): Wandel der Familie - Zukunft der Familie. 1982. - Einfluß des Christentums auf Ehe und Familie, in: B. Mensen (Hg.), Ehe und Familie in verschiedenen Kulturen, Akademie Völker und Kulturen. St. Augustin 1982. - Stufen der Theodizee und der Familie, in: Communicatio Fidei, Festschrift für Eugen Biser, hg. v. H. Bürkle u. G. Becker, 1983.     Red.

in: Internationales Soziologenlexikon. Band 2: Beiträge über lebende oder nach 1969 verstorbene Soziologen. Hg. von Wilhelm Bernsdorf und Horst Knospe. 2., neu bearbeitete Auflage. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1984, S. 347f